Freitag, 14. Oktober 2016

Jim Rickards warnt: „Ein starker Dollar erhöht die Gefahr einer schlimmeren Finanzpanik als 2008"


 
Zwei Monate, nachdem der Dollar sich auf dem Weg nach oben gemacht hat, gibt es zusehends Turbulenzen am Aktienmarkt. Der renomierte US-Autor und Finanzexperte Jim Rickards warnt vor den massiven Folgen, sollte die Entwicklung beim Dollar weitergehen. Der Profi befürchtet, dass das Zusammenlaufen von drei Faktoren, zu einer massiven Krise führen wird. 

„Lassen Sie uns spezifische Bedrohungen für Ihr Vermögen analysieren, die sich aus folgenden Risiken ergeben: einem systemischen Kollaps, Blasen (bei Vermögenswerten) und dem Verlust des Vertrauens in die Fähigkeit der Notebenbanken, auf die Krisen zu reagieren“, schrieb Jim Rickards zuletzt.


Jeder Dollar, der neu von der Fed gedruckt worden ist, ist von den weltweiten Märkten auf 20 Dollar an neuen Schulden gehebelt worden.
Rickards hat 35 Jahre lang an der Wall Street gearbeitet und ist der Autor von Bestsellern, wie „Currency Wars: The Making of the Next Global Crisis“ (Währungskriege: das Enstehen der nächsten weltweiten Krise), veröffentlicht 2011, „The Death of Money: The Coming Collapse of the International Monetary System“ (Der Tod des Geldes: Der bevorstehende Kollaps des internationalen Geldsystems), veröffentlicht 2014, und „The New Case for Gold (Ein neues Plädoyer für Gold) von 2016.

Systemischer Kollaps

„Die Aussicht auf einen systemischen Kollaps oder wirtschaftliche Instabilität wird von einer weltweiten Dollar-Knappheit geschürt. Das hört sich erst einmal komisch an. Wie kann es eine Dollar-Knappheit geben, wenn die US-Notenbank in den vergangenen acht Jahren Billionen von neuen Dollar gedruckt hat? Die Antwort ist, dass die Dollar-Schulden noch schneller gestiegen sind, als die Dollar gedruckt worden sind.
Jeder Dollar, der neu von der Fed gedruckt worden ist, ist von den weltweiten Märkten auf 20 Dollar an neuen Schulden gehebelt worden.“ Nachdem das Gelddruckprogramm der Fed im Oktober 2014 ausgelaufen sei, gebe es kaum noch frische Dollar. „Aber die Dollar-basierten Schulden wachsen immer noch, im Ölbereich, in den Emerging Markets, und in US-Studienkrediten, Autokrediten, Kreditkarten und anderen Verbindlichkeiten. Ein stärkerer Dollar und Disinflation machen diese Schulden drückender und schwerer rückzahlbar“, schrieb Rickards. Es habe bereits Schockwellen gegeben, die von der Dollar-Knappheit ausgelöst worden seien, wie die kräftige Abwertung des chinesischen Renminbi im August 2015. „Es wird nicht lange dauern, bis ein noch größeres Erdbeben ausgelöst wird. Die Fed könnte dem entgegen steuern, indem sie mehr Geld druckt. Ich erwarte, dass die Fed tatsächlich irgendwann im Jahr 2017 das Gelddruckprogramm QE4 auflegen wird. Aber selbstverständlich verstärkt das nur die Blasen bei Vermögenswerten, die wiederum selbst eine Ursache für systemische Risiken sind.“ Von umso größerer Bedeutung ist daher die weitere Entwicklung des Dollar.

Es wird nicht lange dauern, bis ein noch größeres Erdbeben ausgelöst wird.
Die Analysten von Goldman Sachs haben zuletzt prognostiziert, dass der Euro innerhalb von sechs Monaten auf 1,04 Dollar je Euro sinken soll – sprich der Dollar soll stärker werden. In zwölf Monaten soll sogar die Parität erreicht werden, also ein Euro nur mehr ein Dollar wert sein.


EUR/USD (Euro / US-Dollar) Währung

EUR/USD (Euro / US-Dollar) Währung Chart
Kursanbieter: FXCM

Blase Bei Vermögenswerten

„Wenn Investoren fragen: „Wo ist denn die Inflation nach all dem Gelddrucken?“ antworte ich: “Schauen Sie nicht auf die Regale im Supermarkt, schauen Sie auf den Aktienmarkt.
Es gab zwar nicht viel Inflation bei Verbraucherpreisen, aber eine riesige Inflation bei den Preisen von Vermögenswerten. Das gedruckte Geld muss irgendwohin fließen.“
Die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen lägen bei 1,65 Prozent (aktuell 1,75 Prozent). Weil etliche Aktien noch Dividendenrenditen von drei bis fünf Prozent abwerfen würden, würden Finanzexperten argumentieren, dass man diese Aktien soweit nach oben treiben könne, bis die Dividendenrendite näher bei zwei Prozent liege, womit nur ein kleiner Aufschlag gegenüber den Zinsen vorhanden wäre, um für das höhere „Risiko“ der Aktien zu kompensieren. Rickards hält einen derartigen Ansatz für völlig falsch, weil er nicht berücksichtigt, warum die Zinsen auf Talfahrt seien. „Wenn die Zinsen fallen, weil die Deflation den Plan der Fed ruiniert, die Wirtschaft zu reflationieren, ist das ein Grund, weshalb Aktienkurse steigen sollten?“, schrieb Rickards.

Der Einbruch wird heftig sein, möglicherweise 30 Prozent oder mehr innerhalb weniger Monate.
Deflation bedeutet einen Rückgang der Verbraucherpreise. Das will die Fed mit allen Mitteln verhindern, weil eine Deflation angeblich dazu führen würde, dass die Unternehmen weniger Einnahmen hätten, weshalb die Wirtschaft geschwächt werden würde. Tatsächlich ist die Deflation aber nur deswegen „gefährlich“, weil bei einer Deflation die Schulden aufgewertet werden, während sie bei einer Inflation entwertet werden. „Wenn die Zinsen eine Rezession andeuten, sollte man dann die Aktienkurse auf extreme Niveaus nach oben treiben, basierend auf der Theorie einer „Parität“ (zwischen der Dividendenrendite und den Zinsen)? Dieses Verhalten widerspricht jedweder Logik und der Wirtschaftsgeschichte, aber genau das erleben wir heutzutage an den Märkten. Irgendwann, eher früher als später, wird die Realität der Unfähigkeit der Notenbanken und der aufziehenden Rezession durchdringen und die Bewertung der Aktien wird kollabieren. Der Einbruch wird heftig sein, möglicherweise 30 Prozent oder mehr innerhalb weniger Monate.“ In dem Falle wolle man nicht übergewichtet sein in Aktien. „Diese Analyse trifft auf mehr als nur Aktien zu. Es trifft auf eine lange Liste riskanter Vermögenswerte zu, einschließlich Häusern, Gewerbeimmobilien, Wertpapiere aus den Emerging Markets, Ramschanleihen und mehr. Wenn es nur einen Crash in einem Markt gibt, wird die Infektion auf alle anderen überspringen.“

Schwindendes Vertrauen In Die Notenbanken

„Schließlich kommen wir zur größten Bedrohung von allen – die Unfähigkeit der Notenbanken mit Krisen umzugehen, und der völlige Verlust des Vertrauens der Investoren in die Wirksamkeit der Geldpolitik der Notenbanken.“ In den vergangenen Jahrzehnten habe es mehrere Liquiditätskrisen gegeben, wie 1998 (ausgelöst durch die Währungskrise in den Emerging Markets, Russland und beim Hedgefonds LTCM), 2008 und 2010 (Griechenland, Zypern und der Peripherie in Europa) „In allen drei Fällen waren das Gelddrucken der Notenbanken, kombiniert mit den Rettungen durch die Länder und den Internationalen Währungsfonds (IWF) ausreichend, um wieder Ruhe herzustellen. Aber diese „Bail-outs“ haben einen hohen Preis. Die Notenbanken haben keinen Raum mehr, um bei der nächsten Krise die Zinsen zu senken oder Geld zu drucken. Die Steuerzahler begehren auf gegen noch mehr Rettungen. Die Regierungen bekommen eine zunehmende Polarisierung zu spüren und es gibt einen politischen Stillstand rund um die Welt“, schrieb Rickards. „Die Welt bewegt sich auf eine Staatsschuldenkrise zu, weil es zu viel Schulden gibt und zu wenig Wachstum… Inflation würde dazu beitragen, den realen Wert der Schulden zu verringern, aber die Notenbanken haben es nicht geschafft, Inflation zu erzeugen. Nun stehen die Notenbanken vor der Aussicht einer Rezession und mehr Deflation, ohne weitere geldpolitische Optionen, um sie zu bekämpfen.“

Die Welt bewegt sich auf eine Staatsschuldenkrise zu [...]
„Die Auswirkung der Deflation und der starke Dollar haben zu einer weltweiten Knappheit an Liquidität geführt. Weil die privaten Schulden schneller gestiegen sind als die Bilanzsummen der Notenbanken, ist eine Dollar-Knappheit entstanden, weil Schuldner händeringend nach Dollar suchen, um ihre Schulden zurückzuzahlen. Das erhöht die Gefahr einer neuen Liquiditätskrise und einer schlimmeren Finanzpanik als 2008. Anhaltend niedrige Zinsen haben keine Inflation verursacht, sondern Blasen bei Vermögenswerten, die zu platzen und selbst einen Finanzpanik auszulösen drohen – unabhängig von den verschärften Finanzbedingungen. Wenn diese Panik eintritt, (sei es wegen einer Liquiditätsknappheit oder platzender Blasen), werden Investoren kein Vertrauen in die Fähigkeit der Notenbanken haben, die Panik zu beenden.“